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  • Stefan Pieper, Klassik heute

"pianistisches Feuerwerk der Überraschungen"

"Hanna Shybayeva spannt auf ihrer CD einen repräsentativen Bogen: Ein großes schwelgerisches Entré aus der Feder von Chester Biscardi eröffnet dieses pianistisches Feuerwerk der Überraschungen, für welches Hanna Shybayeva alles erdenkliche Potenzial aufbietet. Wirkungsvoll kontrastieren die 18 meist kurzen Stücke die traditionelleren, gleichsam immer sehr subjektiven Ausprägungen mit betont avantgardistischen Interpretationen des Themas. Shybayevas Gabe, leichtfüßige rhythmische Texturen mit lyrisch berührender Sanglichkeit zu verbinden, entfaltet sich im polymetrisch-jazzigen Ms. Jacksons Dance for the People. Dramatische Wucht leitet ein impressionistisches Klangpanorama ein in Serban Nichifors Tango for Yvar, aus dem heraus kurze fragmenthafte Zitate einer Tango-Tanzfigur hervorbrechen - eine Art collagenhafte Meditation, mit der dieser Komponist dem großen Auftraggeber ein Denkmal setzte. Stefan Wolpe, sonst eher ein Neutöner, bedient das Thema straight ahead mit punktierten Tanzrhytmen und den typischen harmonischen Fortschreitungen, die für sinnliche Ruhelosigkeit sorgen. Frederic Rzewski, ein aufgeklärter Freigeist, geht noch reduzierter und mit perkussiver Begleitung an das Thema heran. Aber Tango als künstlerische Daseinsform impliziert auch das Loslassen sämtlicher Stilmittel: Brian Fennelly orientiert sich in seinem Tangoblique extrem lose und dafür umso assoziativer an diesem Metrum, wenn er den Klangraum mit Zwölftonreihen raffiniert auffüllt. Nicht minder verblüffend sind die sehr minimalistischen Herangehensweisen einiger Komponisten: Coriun Aharonian kommt mit einem repetierten Einzelton aus, in die eine dissonante Akkordbrechung und später noch ein perkussives Cluster dazwischenfunkt. Michael Nyman erfüllt das Prinzip auf seine ganz unverkennbare Weise, wenn Hanna Shybayeva hier aus opulent figurierten Lyrismen dichte, emotionsgesteuerte Klangteppiche webt. (...) Hanna Shybayeva gibt all diese Horizonterweiterung in spielfreudiger Direktheit an ihre Hörerschaft weiter. Und damit sind Ohren und Geist sensibilisiert genug, um auch wieder einen der größten „Hits“ des Tangos neu zu erfahren: So muss es auch Hanna Shybayeva selbst gegangen sein – sonst wäre ihre ganz subjektive, regelrecht explosive und freigeistige, von aufbrausenden Tongirlanden wie aufrührerischen dynamischen Impulsen aufgeladene Version von Astor Piazollas Libertango wohl kaum denkbar."

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