top of page
  • Martin Blaumeiser, Klassik heute

"eine in jeder Hinsicht gelungene Darbietung"

"Natürlich kommt die Freude an vertrackter, streckenweise geradezu manischer Rhythmik zur Geltung, die einerseits an Volksmusik der Kaukasusregion (der Komponist wurde zwar im georgischen Tiflis geboren, war aber armenischer Herkunft) anknüpft, aber auch mit Jazzelementen liebäugelt. Durch die beiden langen Klaviersoli im ersten Satz – das zweite hat mehr den Charakter einer üblichen Kadenz, das erste exponiert hingegen ausführlich das musikalische Material – entsteht streckenweise der Eindruck des Improvisatorischen. Gerade hier kann man die wirklich außerordentlichen pianistischen Qualitäten des Solisten der vorliegenden Einspielung, Stepan Simonian – nach seiner Ausbildung am Moskauer Konservatorium u.a. Schüler von Evgeni Koroliov, mittlerweile selbst Professor in Hamburg – bestens ablesen. Simonians überaus differenzierter Anschlag macht obige Soli zu Musik mit echtem Tiefgang, die virtuosen Tutti-Passagen behalten ihre oft rhythmische Querständigkeit mit kantiger Präzision. Die richtige Wahl der Tempi, die Durchzugskraft haben, ohne je überhetzt zu wirken, ist ein Garant für organische Steigerungen. (...) Gekoppelt wird das Klavierkonzert sinnvollerweise mit der 31 Jahre später entstandenen Konzertrhapsodie für Klavier und Orchester. Ein großartiges, für seine Entstehungszeit (zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution) in der Sowjetunion fast schon gewagtes Werk, das trotz formaler Geschlossenheit stellenweise doch sehr irritierend wirkt. Das beginnt bereits mit den 34 Anfangstakten, in denen der Solist eine beidhändige tokkatenhafte Sechzehnteltriolenkette heraushämmert, die irgendwo verstörend zwischen dem Finale von Chopins b-Moll-Sonate und amerikanischem Minimalismus angesiedelt erscheint. Auch im Folgenden erweist sich dieses lediglich ein wenig zu lang geratene Stück als anspielungsreich – es endet wie das Klavierkonzert in Des-Dur. Hier hören wir eine in jeder Hinsicht gelungene Darbietung eines noch immer fast unbekannten Werkes, das man durchaus in einem Atemzug mit dem 2. Klavierkonzert von Rodion Schtschedrin nennen dürfte. Diese Einspielung ist weit mehr als eine Ehrenrettung für den armenischen Komponisten. So macht diese Musik – vergessen wir einfach mal alles Gerede über sozialistischen Realismus – einfach nur Spaß. "


bottom of page