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  • Thomas Baack, Klassik Heute

"absoluten Referenzcharakter"

"Ohrenfällig ist, dass sich das Trio – obwohl auf modernen Instrumenten spielend – intensiv mit der Aufführungspraxis der Beethoven-Zeit auseinandergesetzt hat. Elvekjaer artikuliert auf seinem Steinway differenzierter als die meisten seiner Kollegen. Sein hinreißendes jeu perlé und seine artikulatorische Wachheit schaffen Transparenz, wo andere Pianisten sich in ein undifferenziertes Legato mit weniger feinen dynamischen Abstufungen innerhalb einer Phrase retten müssen. Die Schwestern Soo-Jin und Soo-Kyung Hong spielen auf Geige und Cello mit weniger – als Verzierung gezielt eingesetztem – Vibrato. Stattdessen nutzen sie als expressives Stilmittel das nicht-vibrierte und dadurch unsentimentale Portamento – wie es Louis Spohr in der Tradition der von Viotti begründeten französischen Streicherästhetik explizit in seiner Violinschule für einen ausdrucksvollen Vortrag fordert – wesentlich häufiger. Dies ist auch deshalb berechtigt, weil Beethoven das Spiel des Viotti-Schülers und Spohr-Vorbilds Pierre Rode bewunderte und für ihn die Violinsonate op. 96 schrieb. Das Zusammenspiel aller Drei ist exzellent, die Phrasierung ist immer zielgerichtet, das rhythmische Brio umwerfend. Über geschickte Rubati und ein raffiniertes Timing baut sich vom ersten Ton an Spannung auf, so dass – trotz der Ausführung aller vorgeschriebenen Wiederholungen und im Vergleich mit dem Trio Wanderer durchweg längeren Spieldauern der einzelnen Sätze – nirgendwo eine gepflegte Kammermusiklangeweile einstellt. Diese wirklich begeisternde Aufnahme hat interpretatorisch – ebenso schon wie ihr Vorgänger mit den Opera 1/I, 70/I und 121 – absoluten Referenzcharakter."

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