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  • Prof. Dr. Michael Bordt, Klassik.com

Debussy, vom Zen-Buddhismus her neu gehört

"Sheila Arnold gelingt eine hochmusikalische und spannende Aufnahme, in der sie Miniaturen von Debussy in einen Zusammenhang mit Klavierwerken des Japaners Takemitsu und des Amerikaners Cage stellt.

‚Écoutez!‘ – ‚Hören Sie zu‘ oder vielleicht der Sache nach treffender übersetzt: ‚Hören Sie genau hin‘ heißt die zu besprechende neue Aufnahme der Pianistin Sheila Arnold, und der Titel ist passend gewählt. Denn als Musik zur Unterhaltung oder im Hintergrund wird kaum jemand diese CD hören wollen. Die meist nur wenige Minuten langen Klavierstücke von Claude Debussy, Tōru Takemitsu und John Cage verlangen Aufmerksamkeit. Sie verlangen von dem Hörer und der Hörerin, wach hinzuhören, zuzuhören, zu lauschen. (...)

Technischer ausgedrückt: Das Pedal wird von Arnold sparsam eingesetzt, schnelle Läufe werden leicht und perlend gespielt (unglaublich klar in 'Danseuses de Delphes' oder 'Reflets dans l‘eau'), starke Akkordfolgen und sich auftürmende Klangkaskaden (wie in 'Ce qu‘a vu le vent d‘Ouest') sind durchlässig für die musikalische Gesamtstruktur der Stücke und der Gesamtklang ist eher trocken.

Vielleicht sind die verwaschenen Farben auf dem Cover eine Reminiszenz an die Vorstellung, die Musik von Claude Debussy sei impressionistisch und das bedeute eben, dass man nichts Klares erkennen könne. Das mag zunächst naheliegend sein, denn in der Tat erwecke einige impressionistische Gemälde, zumindest oberflächlich betrachtet, ja diesen Eindruck. Aber Arnold interpretiert Debussys kunstvolle Meisterwerke, die den Hauptteil der CD einnehmen, nicht als irgendwie verschwommene Stimmungsbilder, sondern stellt sie in einen Zusammenhang mit Stücken von Takemitsu und Cage, die beide vom Zen-Buddhismus inspiriert worden sind und deren Stücke sich durch große Klarheit auszeichnen. So wird Debussy in eine Linie mit Komponisten gestellt, die sehr ungewöhnlich ist, aber verblüffend gut passt. Man hört Debussy auf dem Hintergrund von Takemitsu, dessen Klavierwerke ein wenig an Anton Weberns Miniaturen erinnern und mit großer Sensibilität von Arnold gespielt werden, und Cages Stücke für präpariertes Klavier, bei denen ganz verschiedene Klangfarben aufleuchten, neu und anders. Vielleicht könnte man sagen: weniger französisch, dafür deutlich moderner und geistiger. Ein ausgesprochen spannendes Hörprojekt ist Sheila Arnold da gelungen. Die Aufnahmequalität der CD ist sehr gut und auch der Text der Pianistin im Booklet ist hilfreich.

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