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  • Verena Düren, Klassi Heute

"In Zeiten so rarer Live-Erlebnisse erhöht das noch einmal mehr den Hörgenuss, den diese CD bietet"

10-10-10- Klassik Heute Empfehlung

"In Zeiten, in denen Live-Konzerte wieder in weitere Ferne gerückt sind, ist die Aufnahme des Trio Gaspard eine wahre Wohltat, handelt es sich doch um einen Live-Mitschnitt aus dem Jahre 2018 aus dem Pierre Boulez Saal in Berlin. Das Trio, bestehend aus Jonian Ilias Kadesha (Violine), Vashti Hunter (Violoncello) und Nicholas Rimmer (Klavier) ist bereits seit einigen Jahren auf den wichtigsten Bühnen der Welt zu Gast und feierte bedeutende Wettbewerbserfolge. Auch sind die Mitglieder allesamt in anderen Formationen und solistisch tätig. Auf den Programmen der gemeinsamen Arbeit steht natürlich die klassische Klaviertrio-Literatur, aber auch immer wieder auch die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten und die Hinwendung zu selten gespieltem Repertoire.


Dies macht sich auch in der neuen Aufnahme des Trios bemerkbar: Zentrales Werk des Konzerts beziehungsweise der Aufnahme ist das eher selten zu hörende Trio Présence – Ballet blanc von Bernd Alois Zimmermann. Zimmermann war bekannt für seine Freude daran, verschiedene Kunstformen in seinen Werken zu verbinden. So handelt es sich bei Présence um ein Ballett, das das Trio Gaspard im Laufe der Saison 2018/2019 auch gemeinsam mit der Tänzerin Luka Fritsch umsetzte. Folgt man den Anweisungen Zimmermanns, sollen auch die Musiker verkleidet auftreten, so dass der Eindruck entsteht, dass Tänzerin und Musiker gemeinsam agieren und alle verschiedene Rollen verkörpern. Ergänzend kommt ein stummer Sprecher hinzu, der lediglich mit beschriebenen Schildern agiert. Auch die verschiedenen stilistischen Elemente, die ebenfalls typisch für Zimmermann sind, der auch gerne auf die Vergangenheit zurückgriff, werden in der Interpretation des Trio Gaspards deutlich. Neben den teils recht rabiaten, gewaltig klingenden Abschnitten erklingt beispielsweise im ersten Pas de deux zwischenzeitlich ein wenig Wiener Schmäh. Dem Trio gelingt es nicht nur, das technisch komplexe Werk sicher umzusetzen, sondern auch auf der rein auditiven Schiene, eine Geschichte zu erzählen.


Umrahmt wird das seltene Zimmermann-Werk von zwei klassischen Trio-Kompositionen, so dass der Hörer mit dieser Aufnahme eine Art Zeitreise durch die Geschichte des Klaviertrio-Repertoires unternimmt. So steht am Beginn das Klaviertrio E-Dur von Joseph Haydn, den man zwar als Begründer des Streichquartetts und der Sinfonie schätzt, dessen nicht minder bedeutende Klaviertrios jedoch zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Im Gegensatz zu den späteren Werken Beethovens steht hier häufig das Klavier wesentlich mehr im Vordergrund. Eine Aufgabe, die Rimmer hier wunderbar ausfüllt: Heiter der Beginn im ersten Satz, ergreifend – gerade wegen seines schlicht wirkenden Unisono-Anfangs, das folgende Allegretto. Hier scheint es fast so, als würden Kadesha und Vashti Rimmer musikalisch auf Händen tragen. Dramaturgisch ebenfalls sehr gelungen ist hier auch der dynamische Aufbau. Verschmitzt, wie man es immer wieder bei Haydn finden kann, endet das Werk.


Mit einer – laut Robert Schumann – „zürnenden Himmelserscheinung“ beschließt das Trio Gaspard seinen überaus gelungenen Live-Mitschnitt, Schuberts monumentalem Klaviertrio D 929. Das Werk, das (ausnahmsweise) auch von Schubert selbst für gut befunden wurde, gehört bis heute zu den wichtigsten und schönsten Werken dieser Gattung. Und tatsächlich gestaltet sich das Schubert‘sche Trio zum schlicht wunderschönen Höhepunkt und Finale der Aufnahme: Differenziert gestaltet, technisch brillant umgesetzt und mit einer Spielfreude, die einen auch aus den heimischen Lautsprechern anspringt und greifbar wird. Zwischen energischer Innigkeit und lyrischem Spiel schwebt der erste Satz, das folgende Andante wiederum lässt die Musiker im schön-schlichten Thema noch einmal brillieren. Zum Schunkeln lädt das Scherzando ein, in dem besonders die schöne Gestaltung der Übergänge zwischen den verschiedenen Abschnitten begeistert, bevor die Aufnahme mit dem rhythmisch anspruchsvollen Finalsatz endet.

Zum brillanten Spiel des Trio Gaspard kommt noch hinzu, dass sich dieser Mitschnitt hörbar unterscheidet von einer Studio-Aufnahme – die Atmosphäre ist schlicht eine andere, was auch auf dem Tonträger deutlich wird. In Zeiten so rarer Live-Erlebnisse erhöht das noch einmal mehr den Hörgenuss, den diese CD bietet." Zur CD-Besprechung



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