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  • Christof Jetzschke, Klassik Heute

"Das Ergebnis ist ein unverbrauchter und unvorhersehbarer Beethoven..."

"Der Name trügt. Zwar gilt ein besonderes Interesse des 2014 gegründeten Trio Boccherini den Werken seines Namenspatrons Luigi Boccherini. Doch ihr Debüt auf dem Tonträgermarkt gaben Suyeon Kang (Violine), Vicki Powell (Viola) und Paolo Bonomini (Violoncello) mit Beethoven. Ein Jahr nach der rundum überzeugenden Einspielung von Beethovens Streichtrios op. 9 legen sie nun Beethovens noch fehlende zwei Werke dieser Gattung vor, das Streichtrio Es-Dur op. 3 und die Serenade D-Dur op. 8.


Komponiert in den 1790er Jahren können die zwei Trios als Frühwerke zwischen Jugend und Meisterschaft eingeordnet werden, und als Werke zwischen Gesellschaftsmusik und hoch anspruchsvoll gearbeiteter, mehr an den Kenner als an den Liebhaber gerichteten Musik. Das Trio Boccherini – so viel sei schon verraten – scheint sich in diesem Spannungsfeld ausgesprochen wohl zu fühlen. Beide Schöpfungen atmen den Geist Mozarts und Haydns, sind mit ihren sechs bzw. sieben Sätzen aber weit mehr als eine bloße Fortsetzung der Divertimento-Tradition. Die eingängigen und abwechslungsreichen Sätze der Serenade op. 8 – aus ihnen stechen besonders der Eingangsmarsch, das virtuose Allegretto alla Polacca und der Variationssatz hervor – gehören der gehobenen Gesellschaftsmusik an. Sie bieten aber mehr als reine Unterhaltung; in der musikalischen Entwicklung, an der sich alle drei Instrumente beteiligen, sprechen sie sowohl Herz als auch Verstand an. Das Trio Es-Dur op. 3 ist deutlich differenzierter, ideensprühender, auch geistvoller gearbeitet. Seine kontrastreichen Sätze zeugen von Beethovens harmonischer und rhythmischer Experimentierfreude; zudem spielen sie auch immer wieder mit den Hörerwartungen des Publikums, indem sie etwa mit gewohnten Satzmodellen durchaus auch mal brechen, beispielsweise in den zwei Menuetten.


Welche Spannung und welche Finessen dieser frühe Beethoven birgt, demonstriert das Trio Boccherini einfach mustergültig. In einem wundervoll geschlossenen Ensembleklang, in dem sich jedes Instrument allerdings auch überzeugend zu profilieren weiß, lauschen die drei Protagonisten nicht nur den Phrasen nach; sie scheinen sie in einem sehr beredten Miteinander auch geradezu zu antizipieren. Sorgfältiges Ausformulieren, beispielhafte Klangsensibilität oder ein intuitiv wirkendes, blitzschnelles aufeinander Reagieren – hier stimmt von der Akzentuierung und Phrasierung über die gewählten Tempi bis zu den Satzcharakterisierungen einfach alles. Das Ergebnis ist ein unverbrauchter und unvorhersehbarer Beethoven, der zudem sehr neugierig macht auf das, was Suyeon Kang, Vicki Powell und Paolo Bonomini in Zukunft präsentieren werden."




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