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  • Stefan Pieper, Klassik Heute

"Ein Glücksfall"

"Der Cellist Friedrich Kleinhapl hat sich intensiv mit dem Tango auseinandergesetzt und mit der Bohuslav Martinu Philharmonie unter Leitung von Robert Kruzik einen Kooperationspartner gefunden, der dem "ewigen" Tango von Piazzolla etwas Eigenständiges und Neues, vor allem aber eine sinfonische Dimension verleiht. Kleinhapls Spiel zeigt auf dieser Aufnahme mit dem Titel „Gran Pasión Tango“ von Anfang an, dass er ein leidenschaftlicher und klangmächtiger Spieler ist, bei dem eine kraftvolle Spieltechnik im Dienst eines aufrichtigen Ausdrucks steht. Da schien es fast vorprogrammiert, dass er sich auf das Sujet des Tangos stürzen musste.


Also tauchte er tief ein, reiste nach Venezuela, wo er den berühmten Komponisten Federico Ruiz in Caracas traf. Ruiz arrangierte für ihn Piazzollas Adios Nonino für Cello und Klavier neu, woraus eine Duo-CD entstand. Aber der Cellist dachte sein Projekt noch größer, um südamerikanisches Temperament mit europäischem Tiefgang und einer sinfonischen Klangvorstellung zu vereinen. Ein Glücksfall wurde es, dass er das ideale Orchester für sein Vorhaben in der Bohuslav Martinu Philharmonie fand. Denn das Orchester erweist sich hier als bester Kooperationspartner, um die fiebrige, intensive und lustvolle Atmosphäre der Stücke von Piazzolla und seinen Zeitgenossen in einen neuen Rahmen zu setzen. "Gran Pasión Tango" ist nicht nur eine Hommage an Piazzolla, sondern schafft einen Gesamtkontext der südamerikanischen Musik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Drei Piazzolla-Gruppen werden auf dieser Aufnahme durch vier Beiträge seiner Zeitgenossen komplettiert und runden damit die Darstellung ab.

    

Eröffnet wird der schillernde Reigen mit Gerardo Hernan Matos Rodriguez' La Cumparsita, bei dem die treibenden Cello-Figurationen mit dem dynamisch pumpenden Rhythmus des Orchesters verschmelzen. Luis Enriquez Bacalovs Assasination versetzen Kleinhapl mit seinem instrumentalen Gesang und das Orchesters mit impressionistischer Klangpracht in eine sinnliche Sehnsuchtsstimmung. Die erste Piazzolla-Einlage ist überraschend zurückhaltend, denn Milonga en Re wirkt wie eine zarte Filmsequenz, getragen von gedämpften Klängen. Angel Gregorios Villoldos El Choclo beeindruckt mit einer markanten Solokadenz des Cellos, die vom schillernden Klang des Orchesters beantwortet wird. Kleinhalps Cellospiel lässt große Bögen entstehen, gespickt mit impulsiven Akzenten, um die Geschichte des Tangos und seiner emotionalen Wechselbäder immer weiter zu erzählen. Das Orchester kommentiert reaktionsschnell und einfühlsam mit vielen eigenen Interventionen. John Powells El Tango De Los Assassinos bildet einen elegischen Gegensatz zu den vorherigen Stücken – vor allem aufgrund der Tiefe, die Kleinhapl in seinem getragenen Cellogesang inszeniert. Dann folgt nochmal Piazzolla in all seiner erhabenen Vielfalt: Los Pajaros Perdidos, Nightclub 1960 (Historia del Tango), ein atemlos vorwärtstreibend gespieltes La Muerte del Angel und schließlich das ewige Libertango. Dieses fast schon alternativlose Finale bringen dieser energetische Cellist und das helhörige Orchester in jazziger Manier in bester, hochmotivierter Manier zum Swingen."






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