Fünf Fragen - Fünf Antworten von Thilo Dahlmann
- FONO FORUM
- 30. Sept. 2023
- 1 Min. Lesezeit
1
Ein Stück, das Ihnen viel bedeutet, das aber viel zu wenig bekannt ist:
Othmar Schoeck, "Notturno". Ein Liederzyklus für Bariton und Streichquartett. Ein Werk, dem es mit fast "Schubertscher Schönheit" gelingt, Texte von Lenau und Keller über die letzten Dinge in aller Tiefe zu durchdringen.
2
Ein Stück, das alle/die meisten anders singen als Sie:
Es ist vielleicht vermessen zu denken, dass man selbst ein Stück anders als alle oder die meisten anderen interpretiert. Aber wenn es ein Werk gibt, bei dem ich eine besondere und sehr eigene persönliche Beziehung zu Werk und Interpretation verspüre, dann ist es Bachs "Matthäus-Passion". Ich merke, dass mir die persönliche emotionale Nähe zu den Arien oder der Christuspartie einen eigenen Interpretationszugang ermöglicht, wie ich dies sonst vielleicht nur noch bei Mendelssohns "Elias" erlebe.
3
Ein Stück, das Sie nie wieder singen wollen (aber früher singen mussten):
Carl Orff, "Carmina Burana". Ein großartiges und effektvolles Werk, aber nichts für meine Stimme. Ich habe es einige Male gesungen und bin dabei tausend Tode gestorben.
4
Das letzte Musikerlebnis, das Sie umgehauen hat (als Interpret oder als Zuhörer):
Das erste Konzert nach der Pandemie ohne Einschränkungen und vor einem voll besetzten Zuschauerraum. Das Glück und die Dankbarkeit von allen Anwesenden, Musik wieder als Gemeinschaft erleben zu können, wir niemand vergessen, der diesen Moment erlebt hat.
5
Ein Stück, das Sie nie verstanden haben:
Franz Schubert, "Ganymed". Ein Lied, dessen komplexe Deutungsmöglichkeit von Goethes Text und der Vertonung Schuberts mich immer wieder aufs Neue herausfordert und bei dem ich nie das Gefühl habe, es in seiner Gesamtheit erfasst zu haben.
FONO FORUM 10/2023

Comments