"Natalia Ehwald besitzt offenbar den Schlüssel zu Schuberts Seele."
- RONDO
- vor 6 Tagen
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Die in Weimar geborene Pianistin Natalia Ehwald hegt eine besondere Vorliebe für die Werke von Schubert und Schumann. So bestückte sie ihre ersten beiden Alben mit deren Arbeiten. Jetzt widmete sie ihre neue CD komplett dem österreichischen Frühromantiker. Schon bei der einleitenden A-Dur-Sonate des 22-jährigen Schubert staunt man über den zärtlichen, wunderbar innigen und poetischen Ton der 41-jährigen Pianistin, der die defensive Ästhetik und die ganz besondere Piano-Kultur dieses Komponisten in einen perlmuttartig glänzenden Erzählfluss kleidet und so den so schwer zu treffenden „Schubert-Ton“ auf einem modernen Konzertflügel realisiert. Dies gelang bislang nur wenigen Pianisten. Noch intensiver, noch überzeugender erlebt man Ehwalds tiefgründiges Schubert-Verständnis aber in dessen letzter, gewaltig ausladender B-Dur-Sonate, deren „himmlische“ Längen im Kopfsatz die meisten Interpreten emotional überfordern. Hier fasziniert sie durch ihre enorme dynamische Bandbreite, und verwandelt so Schuberts Klangflächen in spannende, hochdramatische Erzählungen mit ständigen Stimmungswechseln und Farbenspielen. So erlebt man ein Wechselbad der Gefühle eines Verzweifelten – zwischen Trauer, Depression, Hoffen und Bangen –, aber keine Sekunde lang ohne innere Spannung. Im zweiten Satz folgt dann die reine Trostlosigkeit eines zutiefst Einsamen, und auch hier trifft Ehwald instinktsicher den langsamen Puls des leisen Klagens. Und auch im brüchigen Schlusssatz übersetzt sie punktgenau und stringent das hier auskomponierte Scheitern von Heiterkeit, diesen letzten Versuch Schuberts, zu unterhalten. In diesem wunderbaren Album ist nichts ausgestellt, alles tief empfunden, inniglich und spirituell, die reine zärtliche Poesie. Natalia Ehwald besitzt offenbar den Schlüssel zu Schuberts Seele.
Attila Csampai

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