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  • Stefan Pieper, Klassik heute

"sinnliches Hörvergnügen ist garantiert! "

"Mallet-Instrumente, also üblicherweise die Kombination aus Vibrafon und Marimbafon zeichnen sich durch ihre Variabilität aus: Sie sind Melodie-, Harmonie- und Perkussionsinstrument in einem. Diese Universalität reizt der international gefragte und ehemalige ARD-Musikwettbewerbs-Preisträger Kai Strobel in einer neuen Einspielung für das Label Ars Produktion mit dem Titel „Neotango-Episodes“ variantenreich und in faszinierender Klang-Brillanz aus. Dafür hat er sich die Pianistin Katharina Treutler und den Bandoneonspieler Omar Massa ins Boot gehört. Letzterer hat auch für den kompositorischen roten Faden dieser Produktion gesorgt.


Strobel empfindet es als einen besonderen Glücksfall, dass er auf den Bandoneonspieler Omar Massa stieß, denn der passte nur zu gut auf das eigene Anliegen: Seine neu komponierten Stücke nehmen zwar den von der ganzen Menschheit verehrten Tango-Großmeister Astor Piazzolla als Referenzpunkt, aber ohne hier in den üblichen ikonisierenden Hype zu verfallen.

Piazzollas meist polyphonische, oft in ihrer Logik auf Bach rekurrierende Musik ist im Kern ja ein universelles Prinzip, aus dem heraus man auch etwas neues kreieren kann: Omar Massa nimmt sich hier mit großem Freiheitsdrang der Sache an. Die neuen Resultate wirken oft noch dramatischer, noch synkopischer und auch chromatischer. Aber es gibt auch leise und zarte Zwischentöne, die sich manchmal fast auf die Minimal Music zu bewegen. Aller guten Dinge sind drei auf diesem Album: Als dritter Komponist bringt der Katalane Ferran Cruixent eine meditativere, nicht minder reizvolle Komponente ins Spiel.


In solistisch-rezitativischen Parts zeigt sich Kai Strobels immense gestalterische Bandbreite auf seinen Instrumenten. Zu dritt, als Band entfalten er, die Pianistin Katharina Treutler sowie Omar Massa eine fast explosive Interaktion. Omar Massas moderne Tango-Interpretationen, ein tieftrauriges La Muerte del Angel“ von Astor Piazzolla und schließlich die elegisch funkelnden Vibrafon-Solonummern von Ferran Cuixent ziehen den Hörer in andere, verklärte Dimensionen hinein. Wie ein hektischer Weckruf reißt abrupt Darius Milhauds quirliges Scaramouche aus solchen Träumen. (Wäre dieses Album eine Vinylplatte, könnte man hiermit stimmig die zweite Seite beginnen lassen.) Milhaud hat lange Zeit in Südamerika gelebt, deswegen symbolisiert diese temperamentvolle Komposition einen plausiblen Brückenschlag zwischen diesen Kontinenten. Stimmig knüpft daran eine atmosphärisch funkelnde Suite von Omar Massa an, bevor alle drei in Piazzollas Escualo nochmal richtig jazzig und furios aufspielen.


Die lupenreine Aufnahmetechnik gibt sämtlichen Klangebenen eine fast schon visuell greifbare Hör-Bühne: Das gilt für die brillanten Impulse der Schlegel auf den Metallzungen des Vibrafons, aber auch für die sphärischen Flagolett-Effekte, wenn Strobel mit dem Kontrabass-Bogen über die Metallplatten streicht. Ebenso für die sonoren Impulse auf den glasharten Hölzern des Marimbafons. Noch mehr für das in sinuston-artiger Reinheit schwerelos im Raum schwebende Bandoneon und auch für die dunkle Wucht von Katharina Treutlers Klavierspiel. Optimales, sinnliches Hörvergnügen ist garantiert!



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