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STERNSTUNDEN AUS DEM BASLER MÜNSTER

  • Musik & Theater
  • vor 2 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

"Andreas Liebig, Münsterorganist in Basel seit 2014, hat zusammen mit der Sopranistin Gudrun

Sidonie Otto zwei CDs an der Mathis-Orgel von 2003 eingespielt. Die erste, betitelt «De

Profundis», enthält Werke von J.S. Bach, Sofia Gubaidulina, Daan Manneke, Luigi Nono, Max

Reger und Julius Reubke. Die zweite kombiniert unter dem Titel «Nostalgia» die Choralvorspiele

von Johannes Brahms mit den «Biblischen Liedern» von Antonin Dvořák.

Die Produktionen sind ein Highlight selbst nach den Standards der verwöhnten Musikstadt

Basel. Bachs g-Moll-Fantasie mit ihrer kühnen, weit in die Zukunft weisenden Chromatik und

Modulatorik erhält durch Liebig Transparenz und eine den Hörer schier zerreissende Spannung,

um dann in die tänzerische, gleichsam «erlösende» Fuge zu münden. Wie eine Antithese dazu

erklingt der Bach-Choral «Aus tiefer Noth schrey ich zu dir», gemessen und stetig im Tempo,

architektonisch weit ausgreifend, mutatis mutandis an den späten Otto Klemperer erinnernd.

Eine ganz andere Facette sind wiederum die subtilen Klangfarben, die Liebig «seiner» Orgel in

Regers Version des gleichnamigen Chorals entlockt. Aus Mannekes Basler Psalmen (einem

Auftragswerk zur 1O00-Jahr-Feier des Münsters) bringt Gudrun Sidonie Otto das

«Friedenskonzert» mit Worten aus der «Querela Pacis» des Erasmus von Rotterdam so

berückend, ergreifend und makellos zur Wirkung dass man sich unwillkürlich nach dem grossen,im Münsterbegrabenen Humanisten sehnt. Reubkes c-Moll-Sonate über den 94. Psalm

schliesslich - eines der bedeutenden, zu Unrecht vernachlässigten Orgelwerke aus der Mitte des

19. Jahrhunderts - kommt hier endlich einmal zu seinem Recht, dank Liebig in einer packenden,

stets durchhörbaren und spannungsreichen Wiedergabe.

Die zweite CD bringt eine gleichsam ökumenische Verschränkung der späten Choralvorspiele

von Brahms und der «Biblischen Lieder» von Dvořák. Gudrun Sidonie Otto lässt alles Technische

weit hinter sich und entführt uns, begleitet von Liebig, der mit den Brahms-Chorälen

Sphärenklänge aus dem Jenseits herbeizaubert, in eine «ganz andere», schlicht bessere Welt.

Beide haben diese Werke in ihren Gegenüberstellungen verschiedentlich konzertmässig

aufgeführt. Hier kommt eine meisterhaft gesteuerte Aufnahmetechnik hinzu (Martin Nagorni),

die in Erinnerung ruft, dass sich auch Sternstunden durchaus auf Tonträgern festhalten lassen."

Christoph Winzeler

Musik & Theater, September/Oktober 2025


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